Séance im Fort Canning Park

Nicole hatte mir immer wieder von „Jane’s Tours“ vorgeschwärmt. Vergangenen Dienstag war es soweit. Wir haben zusammen an einer Tour teilgenommen. Es war aber nicht irgendeine Tour. Es war eine „Spooky Singapore Tour“ – der erste Teil historisch, der zweite spirituell. Aber ich erzähle mal chronologisch.

Getroffen haben wir uns an einem der zwei imposanten gotische Tore aus dem Jahr 1846. Die Tore führten ursprünglich zum ersten christlichen Friedhof Singapurs. Knapp 600 Christ:innen fanden hier von 1819 bis 1865 ihre letzte Ruhestätte. Ihre Gräber waren über den gesamten Hügel verteilt. Erst in den 1950ern wurden sie exhumiert und der Hügel in einen Park umgewandelt. Die Grabsteine wurden in die, den ehemaligen Friedhof umgebende Mauer eingelassen. In einer Ecke finden sich einige ganz große Grabsteine. Diese stammen ursprünglich vom Bukit Timah Friedhof.

Ich war schon mal mit meinem Mann in dem Park gewesen, aber mir war nicht bewusst, auf wie viel Geschichte man in diesem Park treffen kann. 700 Jahre!

Im 14. Jahrhundert ließen sich hier der  malaiische Prinz Sang Nils Utama und seine Nachkommen nieder und regierten von hier aus ihr neu gegründetes Reich: Singapura – die Stadt der Löwen. Damals war der Fort Canning Park der Bukit Larangan – der „Verbotene Hügel“. Nicht nur weil hier die königliche Familie lebte, sondern in erster Linie deshalb, weil es auf dem Hügel eine Quelle gab, an der die Frauen der königlichen Familie badeten. Besucher:innen waren nicht gerne gesehen.

Einige hundert Jahre, 1819, später ließ der Begründer Singapurs, Sir Stamford Raffles sein Haus hier errichten. Raffles war ein leidenschaftlicher Hobbybotaniker und 1822 ließ er in unmittelbarer Nähe seines Hauses, den ersten botanischen Garten Singapurs errichten. Schon damals ging man davon aus, dass die malaiischen Könige an dieser Stelle ihre königlichen Gärten hatten erreichten lassen. Überreste davon – einige Pflanzenarten und Statuen – kann man noch heute sehen.

Hier errichteten die Briten einen Fort, der dem heutigen Park den Namen gab. Das Fort wurde aber nie „in Betrieb“ genommen, da die Briten zwei Dinge nicht in Betracht gezogen hatten: Die Bomben, die eigentlich auf Angreifer vom Meer gefeuert werden sollten, flogen nicht bis zum Meer, sondern nur bis an die Küste. Genauer gesagt, dahin, wo die Singapurianer Geschäfte machten. Das zweite Problem: Der Hügel neben Fort Canning war ingesamt höher. Auch in die Richtung konnte nicht gefeuert werden. Diese Problem konnte allerdings behoben werden. Kurzerhand wurde nämlich der Hügel einfach um ein paar Meter kürzer gemacht. Gebracht hat es nichts, denn das Fort wurde trotzdem nicht als Fort genutzt.

Der Mast war eine Art Informationsmast. Wenn ein Schiff in den Hafen einlief, wurde hier die Flagge aus dem Land gehisst, aus dem es kam. So wussten die Singapurianer:innen ob es sich lohnte, an den Hafen zu laufen und nach Post zu fragen.

1942 ergaben sich die Briten hier den Japanern. In der „Battlebox“, einer unterirdischen Bunkeranlage, die den Briten als Kommandozentrale diente, unterschrieben die Briten ihre Niederlage.

Und wenn nicht gerade Corona alle Einwohner:innen Singapurs in den Häusern bzw. auf Abstand hält, finden hier Konzerte mit den Megastars unserer Zeit statt. Bin gespannt, ob ich das noch erlebe während wir hier sind.

Unseren ersten spirituellen Stop machten wir am Keramat (Schrein) von Iskandar Shah. Angeblich haben diese Schreine eine besondere Ausstrahlung, also setzen wir uns alle auf den Boden, schlossen die Augen und meditierten. Also die anderen meditierten. Ich habe es versucht.

Der zweite spirituelle Stop war am Ende der Tour. Es gab Wein, Cola, Wasser und etwas zum Knabbern, während Dani uns erst aus ihrem Leben und von ihrer Arbeit als Medium erzählte. Dann hatten wir die Wahl: Wünschelrute, Pendel oder Séance. Mit der Wünschelrute sollte man Kontakt zu Geistern aufnehmen können. Erst würde die Rute die Gegend scannen, also wild von rechts nach links schwingen. Sobald man den Geist gefunden hatte, sollte man mit ihm ausmachen, ob nach links ausschlagen „ja“ oder „nein“ bedeute. Ähnlich sollte man mit dem Pendel verfahren.

Da ich beim besten Willen nicht wusste, was ich einen Geist hätte fragen sollen, habe ich es vorgezogen, mich mit Lebenden zu unterhalten. Aber an der Séance sollte ich dann doch teilnehmen. Also: Unser Medium und drei Frauen an einem Tisch. Auf dem Tisch eine Matte – die Ouija, auf der oben rechts „ja“, oben links „nein“, in der der Mitte Buchstaben und Zahlen und unten „good bye“ stand. Wir wurden genauestens instruiert. Würde der Geist zu viel fluchen oder uns beschimpfen, würden wir auf „good bye“ gehen, ansonsten zwei Finger leicht auf eine Art Pfeil – den Zeiger – mit einer durchsichtigen Mitte, durch die wir die Buchstaben bzw. Zahlen lesen konnten.

Wir hatten Kontakt zu einem unglücklichen, männlichen Geist. Geboren 1910, gestorben im zarten Alter von 25. Wirklich viele Fragen wollte er uns nicht beantworten. Ziemlich schnell steuerte er das Dreieck auf „good bye“. Ob das an mir Ungläubigen lag? Aber es war auch jeden Fall eine interessante Erfahrung und vielleicht mache ich es ja noch mal.

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