Wir haben es wieder getan. Wir waren wieder auf Pulau Ubin. Hatte ich schon gesagt, dass ich diese kleine Insel einfach umwerfend finde?! Schon wenn man in Changi Village ankommt und auf eines dieser kleinen Boote steigt, die einen auf die Insel bringen, ist man in einer anderen Welt. Also ein echter Urlaubstag.
Donnerstag war auch hier ein Feiertag. Wir hatten damit gerechnet, dass die Insel brechend voll sein würde, aber wir wollten unbedingt auf die Insel. Egal wie voll. Zu unserer Überraschung waren dann aber gar nicht so viele Menschen unterwegs. Es war nur wieder unglaublich heiß und drückend. Ich hätte gedacht, dass man sich daran gewöhnen kann. Wurde mir auch so gesagt. Aber bei mir scheint das nicht zu funktionieren. Also hilft nur: Ignorieren und auf das Ziel konzentrieren. Ich wollte den Schrein für das deutsche Mädchen finden.
Vorher muss ich Euch aber noch etwas anderes erzählen. Auf dem Boot saß ich neben einem super netten jungen Malaien. Als mir mein Rucksack runterfiel, hörte es sich an, als hätte ich Steine drin. Also habe ich ihm erzählt, dass es eine niederländische Tradition wäre, immer Steine mitzunehmen und sie an besonders schönen Orten zu hinterlassen. Er hatte noch nie davon gehört und fand das super interessant. Ich hätte es schade gefunden, ihm zu erzählen, dass ich nur Spaß machte. Solltet Ihr also irgendwann mal von dieser Tradition hören ….


Auf der Insel angekommen, ging es auf direktem Weg zum Schrein. Vorbei am Schmetterlingshügel und mit einem Abstecher zu einer besonders schönen Aussicht. Man kann von dort aus über fast die gesamte Insel sehen. Wir können noch ein paar Mal zurück kommen. Die Insel es doch ziemlich groß. Man kann auf der Insel auch zelten. Ich arbeite dran!


Den See, den man von oben wunderbar überblicken kann, ist ein künstlicher See. Hier hat man Steine für den Straßenbau auf dem „Festland“, als in Singapur, gewonnen. Ich hab’s ja nicht so mit der Höhe, aber der Blick war einfach zu schön, um nicht doch bis an die Kante zu gehen. Von hier aus kann man auf der einen Seite Marina Sands und auf der anderen Seite Malaysia sehen. Ein irre Blick. Der Aufstieg in der Hitze hat sich auf jeden Fall gelohnt.
Am Schrein des deutschen Mädchens sind wir dann fast vorbei gelaufen. Auf der Karte sieht alles etwas größer aus. Macht es den Eindruck, als müsse man weiter laufen. Aber der Schrein ist glücklicherweise groß genug, dass man ihn eigentlich nicht übersehen kann. Allerdings gibt es so viele Schreine auf Pulau Ubin, dann man schon mal den Überblick verlieren kann.
Die Geschichte zum Schrein ist, wie ich finde, ganz interessant und auch ziemlich abgefahren. In den 1910er Jahren lebte eine deutsche Familie auf Pulau Ubin. Ihnen gehörte eine Kaffeeplantage. Angeblich gehörte das Land sogar zwei deutschen Familien – der Familie Brandt und der Familie Muhligan. Zu welcher Familie das deutsche Mädchen gehörte, weiß niemand.
Als der erste Weltkrieg ausbrach, verhafteten Britische Militärs den deutschen Plantagenbesitzer – ob das Daniel Brandt oder Hermann Muhlingan war, ist nicht bekannt – und seine Familie und brachten sie auf dem Festland in einem Internierungslager unter. Nur seine völlig verängstigte, zirka 18 Jahre alte Tochter konnte in den Wald entkommen. Wenige Tage später wurde sie aber schon tot aufgefunden. Man glaubt, dass das Mädchen sich verirrt hat und an einer Klippe in den Tod stürzte. Gefunden hatten sie boyanesische (Nachkommen von Migranten der indonesischen Insel Bawean) Plantagenarbeiter. Sie bedeckten den Leichnam mit Sand und jedes Mal, wenn sie an ihrem Grab vorbei kamen, legten die Blumen nieder, beteten sie und zündeten Räucherstäbchen an.
Irgendwann brachten chinesische Arbeiter sie zum Gipfel des Steinbruchs, begruben sie und errichteten einen kleinen Schrein. Mit den Jahren wurde das Mädchen zu einer Taoistischen Gottheit. Ziemlich außergewöhnlich, wenn man bedenkt, dass sie wohl eher römisch-katholisch war, aber das stört hier in Singapur niemanden. Hier ist man, was solche Dinge angeht, echt flexibel. Der Schrein wurde immer bekannter und immer mehr Menschen kamen hierher, um dem deutschen Mädchen Opfer zu bringen und für Glück und Gesundheit zu beten.
1974 stiftete das Steinbruch-Unternehmen Aik Hwa den heutigen Schrein und eine Jiangsu Urne für die sterblichen Überreste des deutschen Mädchens. Leider wurde diese Urne samt Inhalt, sowie ihr silbernes Kreuz gestohlen. Aber noch immer kommen Menschen hierher, bringen Opfergaben, zünden Kerzen und Räucherstäbchen an und beten. Die Opfergaben sind alles für Mädchen typische Dinge: Lippenstift, Spiegel, Nagellack, Parfüm, eine Handtasche. Spielzeug in rosa.





Auf dem Weg zurück zum Zentrum der Insel, wo wir noch etwas essen wollten, kamen wir an noch einem anderen Schrein vorbei. Dieser definitiv nicht für ein junges Mädchen. Denn diese Gottheiten scheinen, Bier zu mögen. Etliche leere Bierdosen stehen hier und drumherum Kerzen und Räucherstäbchen. Wir hatten den Schrein schon auf dem Hinweg gesehen, jetzt aber war hier ein Gruppe Männer, die Brandopfer brachten. Sie holten immer mehr Papiergeld und Papierbögen und verbrannten sie. Leider sprachen sie kein Englisch. Ich habe nur verstanden, dass sie, wie sollte es anders sein, für Reichtum beteten.




Es gibt auf Pulau Ubin noch ein Haus im Tudorstil. Noch habe ich es nicht gefunden, aber da wir hier noch eine Weile „eingeschlossen“ sein werden, haben wir noch Zeit, auch dieses Haus zu finden. Ich bin auf jeden Fall schon sehr gespannt. Ihr hoffentlich auch.
Und hier noch ein kleines Schmankerl.